Frederic Laloux hat lange Zeit als Unternehmensberater für McKinsey gearbeitet und einige Einblicke in die oft wenig sinnstiftenden Formen der Zusammenarbeit in Unternehmen gewonnen.

Sein kürzlich erschienenes Buch „Reinventing Organizations“, dass nun auch in deutscher Sprache verfügbar ist, beschreibt und erklärt die grundlegend neuen und populärer werdenden Formen der Zusammenarbeit in Unternehmen.

Dieses Buch möchte ich hier kurz vorstellen.
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Laloux hat sein Buch in drei Teile gegliedert.

Im ersten Teil nimmt er eine entwicklungsgeschichtliche Perspektive ein und zeigt die Entwicklungsstufen der menschlichen Evolution von tribalen bis hin zu postmodernen Organisationsformen. Dabei ist er beeinflusst von der integralen Theorie, Spiral Dynamics, Clare Graves, Ken Wilber, Jenny Wade und anderen. Wer diese bereits kennt, findet hier eine gute Einführung und Zusammenfassung dieser Erklärungsmodelle durch Laloux. Nicht wenigen Menschen aus dem Geschäfts- und Wirtschaftlebens kommen diese Ansätze etwas esoterisch vor. Ich würde sagen, es sind spirituelle Ansätze und ich verstehe sie ausschließlich als Erklärungsmodelle. Es sind keine praktizierbaren Methoden, Anleitungen oder Beurteilungsmodelle für bestimmte Entwicklungsstufen von Organisationen, sondern lediglich eine Orientierungshilfe, ein Erklärungsmodell, um bestimmte Phänomene und Zusammenhänge besser zu verstehen. Dafür finde ich sie sehr hilfreich.

Im zweiten Teil beschreibt Frederic Laloux Strukturen, Praktiken und Kulturen moderner innovativer Organisationen. Hierzu hat er zwölf konkrete Organisationen näher untersucht, Gemeinsamkeiten zwischen diesen herausgearbeitet und stellt diese mal mehr, mal weniger generalisiert oder konkret vor. Ähnlich wie auch Niels Pfläging in seinen Büchern „Führen mit flexiblen Zielen“ oder „Die 12 neuen Gesetze der Führung“ immer wieder zumeist bekannte Firmen portraitiert und vorstellt oder wie die Filme „Augenhöhe“ und „Mein wunderbarer Arbeitsplatz“ ganz konkrete Unternehmen besuchen und vorstellen, so stellt auch Frederic Laloux seine Referenzen vor. Über AES hatte Niels Pfläging bspw. auch schon berichtet. Laloux nennt weitere nicht ganz unbekannte Beispiele wie die ESBZ, die Evangelische Schule Berlin Zentrum, mit ihrer treibende Kraft und Schulleiterin Margret Rasfeld (Buchpublikation von Margret Rasfeld: „EduAction“). Aber auch neue faszinierende Beispiele wie Buurtzorg – eine sehr erfolgreiche niederländische Organisation mit 7.000 Mitarbeitern für häusliche Krankenpflege. Dieses Beispiel finde ich besonders interessant, weil sich dieses Unternehmen in einem formal regulierten und sinnentleerten Kontext mit typischerweise schlecht bezahlten und unzufriedenen Mitarbeiter befindet, noch keine zehn Jahre alt und doch schon Marktführer ist und damit das Potenzial selbstgeführter Unternehmen demonstriert.

Im dritten Teil behandelt Laloux die Fragen, wie selbstgeführte Organisationen entstehen, also neu gegründet oder vorhandene transformiert werden können. Und wie und warum sie ggf. auch wieder verschwinden. Dabei fokussiert er vor allem auf die entscheidenden Rollen InhaberInnen und GeschäftsführerInnen und er beschreibt die Unterschiede zwischen der Neugründung einer selbstgeführten Organsiation und der Transformation einer bestehenden.

Das Buch ist ein wunderbarar Fundus, um neue Ideen für die eigene Organisation, Anregungen zur eigenen Reflexion zu bekommen und um sich von Vorbildern ermuntern und inspirieren zu lassen. Es hat eine klare Struktur, wobei diese sich für meinen Geschmack noch zu sehr vom üppig vorhandenen und verwendeten Recherchematerial leiten lässt, so dass das Buch besser sequentiell statt selektiv zu lesen ist. Die deutsche Übersetzung finde ich ganz ok. Zunächst hatte ich die englische Ausgabe, später dann die deutsche weiter gelesen und ich finde die zentralen Begriffe durchgängig gut und konsequent übersetzt. Neben den Büchern von Niels Pfläging, Gerhard Wohland, Gary Hamel und Reinhard Sprenger sortiere ich Laloux in meine gedanklichen Top-5 zum Thema selbstgeführte Organisationen ein.

Weitere Infos: http://www.reinventingorganizations.com/