Vom 12. bis zum 14. März 2015 fand in Hamburg, auf Kampnagel, die 4. Work in Progress-Konferenz statt. Next U war vor Ort.

Am Freitagmorgen eröffnete der US-amerikanische Soziologe und Ökonom Jeremy Rifkins mit seiner Keynote „Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft – das Ende des Kapitalismus?“ die Tagung.

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Rifkins baute seinen Vortrag auf seinen Thesen des in 2014 erschienenen Buch “Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft” auf und skizzierte aufgrund der klassischen Kostenrechnung, dass sich der Kapitalismus aufgrund des Erreichens von Null Grenzkosten in den großen Wirtschaftsbereichen quasi allein abschaffe. Gelingen soll dies dank Internet of Things (IOT), das zu Polypolen und starker Dezentralisierung führen soll. Rifkins skizzierte, dass die technischen Errungenschaften auch dank der Sharing Economy immer günstiger würden. Theoretisch könne so jeder technisch angeschlossene Erdenbürger aufgrund der stark reduzierten Kostenstrukturen zum konkurrenzfähigen Anbieter werden und der Paradigmenwechsel so gelingen. Basis seiner Betrachtung ist dabei die Einteilung des IOT in drei große Wirtschaftbereiche bzw. -systeme: Kommunikation, Energie und Transport.

Persönlich fehlten mir in seiner Betrachtung die Bereiche Nahrung & Wasser sowie Flächen. Die Frage aus der Zuhörerschaft, wie wir auf aktuell wiederholende kapitalistische Phänomene wie Monopolbestrebungen oder nennen wir es mal zentralistische Züge seitens Staaten oder der Wirtschaft im Internet agieren und diese eindämmen können, konnte er meines Erachtens nicht pragmatisch beantworten.

Eine weitere Frage, die ich mir aktuell stelle, ist, wie aussagekräftig und tragfähig ist es, den Kapitalismus mit einem Konstrukt der „alten Welt“ widerlegen zu wollen. Wo doch die leistungs- und gewinnorientierte Kostenrechnung (Gewinner vs. Verlierer) eine der tragenden Säulen des Kapitalismus ist? Brauchen wir nicht einen ganz neuen innovierten Denkansatz bzw. Herangehensweise, wie wir Werte künftig messen und uns darüber verständigen wollen – vor allem auch vor dem Hintergrund der veränderten Arbeit?

Hier fällt mir beispielsweise die am Nachmittag von Uwe Lübbermann (Gründer von Premium-Cola) veranstaltete Session „Konsensdemokratie im Unternehmen“ ein, die deutlich mit tragfähigen Bespielen zeigte, dass Produktivität und Sinnstiftung anhand des Wertes Vertrauen zu völlig neuen Rechenbeispielen, fernab von Grenzkosten und Gewinnmaximierung führen kann.

Alles in allem genoss ich dennoch Mr. Rifkins freien und empathischen Vortrag – es schien mir, dass auch in ihm der Puls eines überzeugten „Weltverbesserers“ schlägt und er durch seine Theorien Lösungen zu skizzieren versucht.